Eselwanderung im Schwarzwald
Gastbeitrag von Anika Neugart von Travel Slowly Blog
„Esel, so scheint es, sind ein unabdingbarer Bestandteil der Slow Traveller…“, scheibt Nicky Gardner im Slow Travel-Manifest. Esel als Fortbewegungsmittel vereinen den Wunsch nach Schnelligkeit des 19. Jahrhunderts und die Sehnsucht nach Entschleunigung des 21. Jahrhunderts. Frühere Abenteurer bevorzugten anstelle von Kamelen die flotten Esel um Wüsten zu durchqueren. Heute sind die Tiere Sinnbild für das entschleunigte Reisen, da sie langsamer als Busse, Züge oder Flugzeuge sind
Gott hat die Esel geschaffen,
damit sie dem Menschen zum Vergleich dienen können.
(Heinrich Heine)
Individualreise im spanischen Gebirge
Im Jahr 2014 traf ich auf einem Musikfestival einen interessanten Menschen – einen Händler aus Hannover, der Schaffelle verkaufte. Am nächtlichen Lagerfeuer berichtete er mir von seiner dreimonatigen Reise mit einem Esel in den spanischen Pyrenäen. Mit dem Tier alleine unterwegs, orientierte er sich an Hand einer analogen Landkarte und dem Esel als Richtungsweiser. Er beschrieb, wie die Pausen von dem Tier bestimmt wurden und er in tiefe Verbindung mit der Natur trat. Auf romantisch-altmodische Art war er ein wahrer Slow Traveller.
Grenzerfahrung
Auch berichtete er von einer Grenzerfahrung, in der er glaubte, verloren zu sein: Die zwei Gefährten hatten seit etwa zwei Tagen kein Wasser mehr gefunden und waren kurz vor dem Verdursten. Der Esel führte ihn letztlich zu einer Wasserstelle und rettete sein Leben in der kargen Wildnis. Nach der Langzeitreise fiel die Trennung von dem Tier entsprechend schwer. Sie waren zu Freunden geworden. Der Händler gab den Esel wehmütig an einen spanischen Bauernhof, dessen Betreiber versprach, sich gut um das Tier zu kümmern.
Extratipp von ein zweiter Blick
Keine Zeit für eine ganze Wanderung mit Eseln, aber dennoch Lust den Tieren zu begegnen? Dann wäre ein kleiner Sonntagsausflug ins Siebenmühlental bei Stuttgart genau das richtige für dich. Hier kannst du in der Eselsmühle bei leckeren schwäbischen Spezialitäten oder Kaffee und Kuchen in Bioqualität den Eseln ganz nah kommen. Seit September 2020 bietet die Eselsmühle auch einem blinden Eselchen namens "Caijou" ein geschütztes Zuhause.
Kontakt: Eselsmühle- D- 70771 Musberg -Tel. 0711 / 754 25 35, Website: Eselsmühle.com
Zweitägige Familienwanderung im Schwarzwald
Seit der abenteuerlichen Erzählung am Lagerfeuer war ich selbst Feuer und Flamme und wollte das Reisen mit Eseln ausprobieren. Ohne Erfahrungen mit Eseln zu haben, wollte ich mich in kleinen Schritten an das Reisekonzept wagen. Im Juli 2017 buchten wir eine überschaubare, zweitägige Eselwanderung beim Adamshof im Schwarzwald. Unsere bunte Gruppe bestand aus fünf Erwachsenen und einem Baby.
Foto Kerstin Dold 2017
Kennenlernen und Einweisung
Um 10.30 Uhr an einem sonnigen Samstagmorgen erhielten wir von Rita Gering im Adamshof eine einstündige Einführung in die Handhabung der Esel. Die Bäuerin zeigte uns, wie wir den Eseln Zaumzeug und Satteltaschen anlegten, Fell und Hufen pflegten und ihnen in Eselschuhe halfen, welche die Hufe von Verletzungen schützten. Auch wurde erklärt, wie die Tiere geführt werden und was zu tun ist, wenn Esel ungebremst auf einen zulaufen (groß machen und stehen bleiben). Da unsere zwei Esel beide je 25 kg Gewicht tragen konnten, verteilten wir Proviant und Gepäck auf die Satteltaschen. Unser jüngster Wanderteilnehmer wurde in einer Babytrage am Körper transportiert.
Im Eselstempo bergan
Nach der Einführung machten wir uns auf die 6 km lange Wanderung zum Übernachtungsort, dem Raimartihof, Gasthaus zum Feldsee. Die Strecke war vom Adamshof geplant und der Gasthof entsprechend informiert. Eselwandern ist überraschend anders, als man es sich vorstellt. Die Esel vom Fressen des Grüns am Wegesrand abzubringen und zum Gehen zu bewegen, war zu Beginn schwer. Dazu gingen die Esel etwa 4 km/h und damit etwas langsamer als Schrittgeschwindigkeit. Unsere recht sportliche Gruppe wurde ausgebremst und musste sich der Geschwindigkeit der Esel anpassen, also Entschleunigung lernen. Zwar waren wir langsamer unterwegs als gewohnt, hatten aber unsere Freude mit den Tieren. Außerdem entstand mehr Raum für Gespräche und Pausen.
Foto Anika Neugart 2017
Schlafen im Heu
Etwa vier Stunden später kamen wir beim Raimartihof an. Die Esel wurden auf eine Weide entlassen, wo sie sich endlich ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Grasfressen, widmen konnten. Unsere Gruppe kam im Heuschober unter, was die Slow Travel-Erfahrung bereicherte. Wir schliefen direkt auf dem duftenden Heu in einer dunklen Scheune neben der Eselweide. Abends kehrten wir in den Gasthof ein und ließen den Tag am Lagerfeuer ausklingen.
Foto Kerstin Dold 2017
Mensch und Tier- ein gutes Team
Am nächsten Morgen weckten uns der Hahnenschrei und die Sonnenstrahlen, die durch die Ritzen der Scheunenbretter blitzten. Nach einem entspannten Frühstück mit Rührei und Kaffee holten wir unsere zwei Esel von der Weide.
Foto Anika Neugard 2017
Sie erkannten uns bereits von weitem und rannten freudig auf uns zu. Die Eselwanderung am zweiten Tag lief schneller ab, da die Tiere uns besser folgten. Hätten wir einige Tage angehängt, wären wir wohl zu einem eingespielten Team geworden.
Fazit zur Eselwanderung
Alles in allem war die Eselwanderung nicht nur eine authentische Schwarzwald-Erfahrung, sondern auch ein pures Slow Travel-Erlebnis. Sie beinhaltete viel Natur, Bauernhöfe in Familienbetrieb, lokale Speisen und Getränke, den Austausch mit Einheimischen und nicht zuletzt die Entschleunigung mit den Eseln. Durch den Umgang mit den Tieren überwandten wir anfängliche Unsicherheiten und erlernten neue Fähigkeiten.
Adamshofweg 1
79254 Oberried/Zastlertal
Telefon 07661.627610
info@eselwandern-suedschwarzwald.de
Website:Eselwanderung Adamshof
Raimartihofweg 12
D-79868 Feldberg / Schwarzwald
Telefon: 07676 / 226
info@raimartihof.de
Website: www.raimartihof.de
Hier findest du mehr Infos
Eselwandern ist inzwischen ein beliebter Trend und wird in fast allen deutschen Bundesländern, sowie in weiteren europäischen Nachbarländern angeboten. Es bietet sich gerade für Familien mit Kindern aber auch für Freundesgruppen an, die gemeinsam ein authentisches Naturerlebnis erfahren möchten. Die Tourlänge variiert dabei zwischen Eselspaziergängen von 2-4 Stunden bis hin zu Touren, die über eine Woche dauern. Vorraussetzung ist eine normal gute körperliche Verfassung, Freude an Bewegung und festes Schuhwerk. Ein Anbieter von Eselreisen in Europa ist Eselwandern Erlebnisreisen.
Weitere Themen hierzu
1.Wenn du im Schwarzwald unterwegs bist, lohnt sich ein Abstecher nach Freiburg und nach Baden Baden. Beide bieten etwas Abwechslung zur Natur des Schwarzwalds.
2. Statt mit Eseln kannst du auch mit Alpakas wandern. Hier sind meine Erfahrungen aus dem Bergischen Land: Alpakawanderung
3. Exotischer sind Erfahrungen mit Elefanten. Mit den grauen Riesen kannst du in Thailand wandern. Mehr dazu findest du in meinem Beitrag: Anantara Elephant Camp Golden Triangle
4. Das Thema Slow Travel reizt dich? Dann findest du hier die Info, was Slow Travel überhaupt ist und weiter meine besten Slow Travel Tipps.
5. Zum Thema nachhaltig Reisen findest du meine Ideen im Artikel Sanfter Tourismus- 10 Wege zum nachhaltigen Reisen.
Die Gastautorin
Anika Neugart scheibt auf ihrem Blog Travel Slowly über das langsame, bewusste und nachhaltige Reisen. Ihr Ziel ist, den Reisetrend auch im deutschsprachigen Raum bekannt zu machen. Außerdem arbeitet sie an ihrem Buch „Simply Green. 17 Ideen für einen nachhaltigen Lebensstil“, das im Frühjahr 2022 beim Oekom Verlag erscheint und gibt Vorträge zu verschiedenen Themen.
Danke liebe Anika, daß du dir die Zeit genommen hast, deine Erfahrungen mit uns zu teilen.
Wenn dir der Beitrag gefallen hat, hinterlasse gerne deinen Kommentar. Anika freut sich auch, wenn du auf ihrem Blog Travel Slowly vorbei schaust.
2 Kommentare
Renate
Liebe Anika,
ich bin schon länger ein Eselfan. Die Tiere sind einfach zu süß! Eine Schulfreundin von mir hatte früher einen Esel und ein Schaf im Garten. Wenn ich das Tempo der Esel betrachte, dann müsste so eine Eselwanderung etwas für mich sein. Ich gehe auch nicht gerne so schnell. Herzlichen Dank für die Tipps.
Liebe Grüße
Renate
Christiane
Liebe Elke, freut mich, daß du Gefallen an dem Artikel und der Eselwanderung hast. Mir sind sie etwas zu störisch. Ich ziehe die Alpakas vor. Aber so findet ja jeder seine tierischen Freunde. LG Christiane